Es ist schon verrückt, was uns auf unseren Reisen so wiederfährt, einiges nehmen wir mit viel Humor, anderes verärgert uns und manchmal kann man nur noch den Kopf schütteln. Aber gerade das macht doch das Reisen aus und zuhause haben wir dann auch viele lustige Geschichten zu erzählen. Genau nach diesen kuriosen Reiseanekdoten fragt Tim. Im Rahmen seiner Blogparade sucht er nach den absurdesten Reiseerlebnissen 2015. Und ich für meinen Teil musste da nicht lange überlegen.

Absurde Reiseerlebnisse sind zum Erzählen da!

Natürlich gehört es zum Reisen auch dazu, dass nicht alles so ist wie zuhause und dass auch ab und an unvorhersehbare, komische, verrückte und skurrile Situationen auf uns lauern. Von manchen Ländern erwarten wir das regelrecht, in einigen sind sie sogar gängige Klischees und wir wären geradezu enttäuscht, würden wir sie dort nicht entdecken. Sind es nun die japanischen Toiletten, die Sauna im finnischen Parlament, das ständige Kopfnicken der Chinesen oder der mies gelaunte Koch in Frankreich.

Kuriose Dinge gehören zum Reisen dazu – aber gilt das überall?

Je weiter das Reiseziel entfernt ist, desto außergewöhnlicher und absurder die Erlebnisse – könnte man meinen. Im Umkehrschluss hieße das, dass es in nähergelegenen Ländern oder gar in unseren Nachbarländern kaum noch Überraschungen für uns gibt. Gerade Dänemark erscheint uns auf den ersten Blick sehr ähnlich, ruhig, sicher und vorhersehbar – mit anderen Worten: harmlos.

Falsch gedacht. So geschehen im Sommer 2015.

Ein Reiseziel bei dem nichts schiefgehen kann, bitte!

Seit unser Töchterlein auf der Welt ist, hatte sich unser Reiseverhalten grundlegend geändert. Selbst aus unserer lange geplanten Indienreise wurde (vorerst) nichts, die Reisekasse wurde zur Babykasse. Doch letztes Jahr wagten wir endlich unsere erste längere Reise zu dritt. Asien kam natürlich erstmal nicht in Frage. Das Muttertier in mir schlug sofort Alarm. Ich suchte nach einem Ziel, dass unseren neuen Ansprüchen gerecht werden sollte: Ruhe, Sicherheit, Kinderfreundlichkeit, Sonnenschein, Meer und mit dem Auto zu erreichen. Die Wahl fiel auf Dänemark (da wäre ich zu Studienzeiten im Traum nicht hingefahren). Etwa 10 Stunden Fahrtzeit trennten uns von unserem Reiseziel. Gedauert hat es am Ende 13 Stunden – und das nur wegen der letzten 10 Kilometer…

„Ankunft mit Hindernissen“ oder „Ein dänisches Drama in 5 Akten“

Nach etwa 10 Stunden Fahrt erreichten wir wie geplant den Zielort unserer Reise, Løkken ganz im Norden Dänemarks. Mit Ach und Krach hatte der Akku vom Smartphone durchgehalten um uns den Weg zum Reiseveranstalter zu weisen, der bereits mit den Schlüsseln für unsere Unterkunft auf uns warten sollte. Der Akku gab seinen Geist auf und damit nahm das Schicksal seinen Lauf…

Erster Akt:

Es ist kurz nach 18 Uhr. Ich steige aus dem Auto um beim Reiseveranstalter die Schlüssel zu holen. Ein heftiger Platzregen setzt gerade ein. Da es in Deutschland aber seit Wochen über 30 Grad waren, habe ich nicht mehr als Shorts und ein dünnes T-Shirt an. Selbstverständlich haben wir an einen Regenschirm gedacht – irgendwo in den Untiefen unseres Gepäcks im Kofferraum. Macht ja nichts, es nicht kalt, ich husche schnell über die Straße, erklimme die drei Stufen und – stehe vor verschlossener Tür. Das Büro war nur bis 16 Uhr geöffnet, so viel kann ich mit meinen nicht vorhandenen Dänisch-Kenntnissen geradeso übersetzen. Einen weiteren Hinweis, wie wir jetzt an unsere Schlüssel kommen, finde ich nicht. Also husche ich schnell wieder ins Auto. Die Klamotten sind natürlich inzwischen durchgeweicht.

Zweiter Akt:

Zurück im Auto krame ich im Handschuhfach nach den Reiseunterlagen, hinter mir wird’s langsam unruhig. Selbst die entspannteste Dreijährige hat nach über zehn Stunden im Auto keine Lust mehr. Meine nassen Haare tropfen die Papiere nass, doch ich finde eine winzige Randbemerkung über den Verbleib unserer Schlüssel, sollten wir erst nach 16 Uhr auftauchen. Die Adresse kommt uns spanisch, ähm, dänisch vor. Das ist ja nicht mal mehr hier im Ort! Es hilft nichts, wir müssen diese Adresse finden. Doch oh Schreck, das Navi vom Smartphone geht ja nicht mehr, der Akku ist tot und selbst auf unserer überdimensionalen Straßenkarte von Dänemark ist nichts zu finden. Wir fahren ein bisschen durch den Ort, vielleicht finden wir ja die Straße zufällig. Natürlich war das nur Wunschdenken und wir halten vor einem großen Stadtplan. Da ich sowieso schon nass bin, wird einstimmig beschlossen, dass ich wieder die Ehre habe nach draußen zu gehen um auf dem Plan die Straße zu finden.

Dritter Akt:

Es gießt immer noch wie aus Eimern, eigentlich könnte ich jetzt auch tauchen gehen. Doch zur Nässe gesellt sich nun auch noch Kälte mit einer Spur orkanartiger Winde. Sehr schön, kaum im Urlaub, schon erkältet. Doch da muss ich durch. Ich schaue aus dem Schleier aus Regen auf den Stadtplan und sehe – nichts. Oder doch! Da ganz oben, die Straße da, die steht auch so in den Unterlagen. Schnell zurück zum Auto.

Vierter Akt:

„Mach mir ja nicht die Sitze nass“ tönt es, als ich zitternd und tropfnass wieder einsteigen will. In gezierter Langsamkeit breitet der Papa eine riesige Tüte über meinem Sitz aus. Dann darf ich einsteigen. Wir finden die Straße und folgen ihr bis zur Hausnummer, die in unseren Unterlagen steht. Sieh an, hinter dieser Adresse verbirgt sich ein kleiner Kiosk. Endlich geschafft. Einer muss aussteigen und die Schlüssel holen. Vier große Augen schauen mich erwartungsvoll an. „Du hast die Reise gebucht, die wollen sowieso deinen Ausweis sehen.“, wird mir erklärt. Leise grummelnd öffne ich die Autotür, der Regen hat nicht nachgelassen, dafür ist der Wind noch etwas kräftiger geworden. Wieder stürme ich über den Gehweg, eile die Treppen hinauf und – die Tür ist zu. Das ist doch jetzt aber ein Scherz. Ich kehre langsam und geknickt um, vielleicht ist es besser, wir suchen uns für die erste Nacht ein Hotel. Aber Moment, da war noch was. Ich gehe noch einmal zur Tür vom Kiosk und entdecke ganz unten einen handgeschriebenen Zettel in mehreren Sprachen. Auch auf Deutsch:

„Wir haben geschlossen. Ihre Schlüssel finden Sie hinten im Hof bei den Flaschencontainern. Geben Sie den Aktivierungscode für das Schließfach ein. Den Code finden Sie in Ihren Reiseunterlagen.“

Fünfter Akt:

Ich flitze wie der Wind zum Auto, krame erneut die nun schon recht nassen Reiseunterlagen raus und scanne alle Seiten nach irgendeinem Code. Ha! Da ist er. Vier kleine Ziffern sollen uns endlich zu unseren Schlüsseln führen. Ich merke mir den Code und renne durch den Regen hinter den Kiosk in den Hof, es regnet inzwischen so stark, dass ich den Flaschencontainer beinahe nicht erkennen kann. Doch da steht er und daneben hängt an der Wand ein merkwürdiger Kasten. Das muss das Schließfach sein. Ich gebe den Code ein, nichts passiert. Noch ein Versuch. Wieder nichts! Ein dritter Versuch, ein Vierter. Ich drehe langsam durch. Dann entdecke ich ein kleines Pappschild neben dem Schließfach. Darauf steht in mehreren Sprachen:

„Das Schließfach ist kaputt“

Darunter wurde mit der Hand ein großer grüner, inzwischen jedoch ziemlich verschwommener, Pfeil gezeichnet, der nach unten zeigt. Direkt vor meinen Füßen steht eine große, weiße IKEA-Plastikbox. Ich komme mir langsam ziemlich veralbert vor und schaue mich instinktiv nach Kameras um. Ich öffne die Box und entdecke darin gut ein dutzend großer Briefumschläge, alle mit Namen versehen. Ganz unten finde ich meinen Namen. Ich warte nicht bis ich im Auto bin, sondern öffne den Umschlag direkt. Darin entdecke ich eine Karte, die uns herzlich in Dänemark begrüßt und: unsere Schlüssel. Endlich!

Epilog:

Danach konnten wir zu unserem Ferienhaus fahren, wir mussten uns zwar immer wieder durchfragen, da auch die Unterkunft sehr versteckt gelegen war, doch mit nur 3 Stunden Verspätung erreichten wir endlich unser Ziel.

Fazit: Diese Odyssee gleich am ersten Tag und nach zehn Stunden Fahrt wird mir immer in Erinnerung bleiben. Das Absurdeste war ja nicht einmal, dass wir so lange nach unserem Schlüssel suchen mussten, sondern dass er am Ende völlig offen und für jedermann zugänglich in einer einfachen Plastikkiste gelegen hat. Wir haben jedoch später erfahren, dass die Dänen mit solchen Angelegenheiten sehr locker umgehen. Türen werden nicht verschlossen und Schlüssel liegen manchmal einfach über dem Türrahmen. Verrücktes Welt, verrückte Dänen, wir kommen wieder! 😀