Heutzutage ist es keine Seltenheit mehr internationale Freundschaften zu schließen, vor allem in einer Zeit, in der viele junge Menschen die Welt bereisen. Aber wie läuft es eigentlich, wenn man jemanden zwar seit 5 Jahren kennt, aber nur online und ihn dann zum ersten Mal besucht? Hält die Freundschaft der Realität stand? Welche Vor- und Nachteile hat eine internationale Freundschaft und was bedeutet das für mein Fernweh und mein Reiseverhalten?
“Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben.” (Kurt Tucholsky)
Wer nicht reist, der verpasst die größte Sehenswürdigkeit überhaupt, die Welt. Denn die Welt ist bunt, aufregend und voller atemberaubender Orte. Reisen bildet und erweitert unseren Horizont, macht uns toleranter und hilft uns dabei uns selbst besser kennenzulernen und zu verstehen, indem wir uns durch die Augen anderer sehen.
Schon früh verspürte ich den Drang zu reisen, doch erst mit 16 durfte ich die Welt auf eigene Faust erkunden. Meine erste eigene Reise führte mich für 10 Tage nach Italien, mit 17 Jahren dann für eine Woche nach Schottland und mit 19 Jahren schließlich für ein Jahr als Au pair in die USA. Mit 23 Jahren reiste ich in die USA, um eine Convention zu besuchen und quartierte mich bei Linda ein, einer online Bekanntschaft aus Baltimore, die ebenfalls die Convention besuchte.
Von online Freunden zu internationalen Freundschaften – Wie alles begann!
Nur wenige Monate vor meiner Reise zur Convention in den USA habe ich Linda in einer Facebook-Gruppe kennengelernt. Wie haben uns beide für die gleiche Schauspielerin begeistert und sind so ins Gespräch gekommen. Es dauerte nicht lange bis Linda mich einlud, bei ihr zu wohnen und dann gemeinsam mit ihr die 12 Stunden von Baltimore nach Atlanta zu fahren, wo die Convention stattfand. Das klingt vielleicht verrückt, einfach so in ein anderes Land zu fliegen und bei einer Fremden zu wohnen, die man nur aus dem Internet kennt. Das kann vor allem sehr gefährlich werden. Auch Lindas Freunde haben sie für verrückt erklärt einfach so eine fremde junge Frau aus Deutschland in ihr Haus einzuladen. Man weiß schließlich nie, wer sich wirklich auf der anderen Seite des Bildschirms verbirgt.
Vorsicht ist geboten! Deshalb haben Linda und ich vorher mehrmals über Skype von Angesicht zu Angesicht miteinander kommuniziert, damit wir wissen, das der andere auch wirklich der ist, für den er sich auf Facebook ausgibt. Natürlich hätte einer von uns immer noch ein Psychopath sein können, doch glücklicherweise hat sich das bei keinem von uns beiden bestätigt. 😉
Um noch eins drauf zu setzten… während der Convention in Atlanta haben wir bei den Eltern einer anderen online Bekanntschaft gewohnt, Robin, die wir ebenfalls aus der gleichen Facebook-Gruppe kannten. Linda hatte Robin schon auf einer anderen Convention gesehen und ich wiederum vorher mit ihr nur auf Skype kommuniziert. Auf der Convention selbst haben wir uns schließlich zu einer großen Gruppe zusammengefunden, alles Frauen, die sich durch gleiche Interessen im Internet gefunden haben. Daraus sind teilweise sehr enge Freundschaften hervorgegangen.
Dank des Internets können wir nun ganz einfach quer über den Globus Kontakt halten. Sicher ging das früher auch ohne Internet, mit Briefen und dann auch Telefonaten, aber das Internet macht doch vieles einfacher und schneller möglich. In diesem Sinne ist das Internet schon eine tolle Erfindung.
Internationale Freundschaften und Fernweh
Frühestens seit meinem Au pair Jahr, spätestens aber seit der Convention in den USA konnte ich viele Freundschaften mit Menschen aus zahlreichen Ländern schließen. Welche Vorteile es hat, Urlaub bei Freunden zu machen, hat Janina ja bereits wunderbar in ihrem Beitrag beschrieben. Dank internationaler Freundschaften hatte ich bereits die Möglichkeit verschiedene Städte in den USA zu besuchen, nach Amsterdam zu reisen und erst kürzlich nach Thessaloniki in Griechenland. Dabei erforschte ich die Städte jedoch nicht als typischer Tourist, sondern lernte die Orte aus Sicht der Einheimischen kennen.
Ende März, genau zu meinem 30. Geburtstag, habe ich es nach 5 Jahren online Freundschaft endlich geschafft Eva in Thessaloniki zu besuchen. In Planung war der Besuch schon seit etwa 3 Jahren!
Kennengelernt habe ich Eva in der gleichen Facebook-Gruppe wie Linda und die anderen Damen. Ich schrieb damals an meiner Master-Arbeit, Eva ging noch zur Schule. Im Laufe der letzten 5 Jahre folgten unendliche Chats bei Facebook, einige Skype Anrufe, unzählige lustige Selfies sowie Pakete zu Weihnachten und zum Geburtstag. Alles in Englisch übrigens! Mindestens in den letzten zwei Weihnachtskarten stand: “I hope to finally meet you next year.” Sogar einige ihrer Freundinnen lernte ich auf diesem Weg kennen. Eva hat mir viel von ihnen erzählt und sie ihnen viel von mir.
Unsere online Freundschaft ging sogar so weit, dass ich angefangen habe Eva als meine kleine Schwester, meine “Little Sista”, zu bezeichnen, denn ich habe mir immer eine kleine Schwester gewünscht. Mit ihr kann ich einfach über alles reden und wir sind uns auch charakterlich sehr ähnlich, denn wir sind beide eher introvertiert und wir sind immer füreinander da wenn Redebedarf bestand. Es gibt allerdings auch Unterschiede, denn sonst wäre es ja irgendwann langweilig. So liebt Eva Make-up und Mode, ich lege da nicht wirklich viel wert drauf. Sie liebt pink und ich nicht. Ich habe eine Abneigung gegen Hello Kitty, sie gegen Nicolas Cage. Damit haben wir uns dann ständig aufgezogen.
Auch kulturelle Unterschiede sind dabei zum Vorschein gekommen. Am prägnantesten waren dabei die Essgewohnheiten. So zum Beispiel die Tatsache, das wir Deutschen unser Brot lieben und uns einfach mal eine Schnitte als Mahlzeit machen. Vor allem aber die Zeiten der Mahlzeiten waren oft Thema. Während in Deutschland zwischen 12 Uhr und 13 Uhr zu Mittag gegessen wird, essen die Griechen erst etwa zwischen 15 Uhr und 16 Uhr zu Mittag. Erstaunt war Eva zudem, als ich irgendwann meinte wir hätten im Restaurant zum Abendessen für 18 Uhr oder auch mal 19 Uhr einen Tisch bestellt. In Griechenland oder zumindest bei Eva wird anscheinend erst gegen 22 Uhr oder später zu Abend gegessen.
2018: Von der online Freundschaft zum ersten echten Treffen
März 2018, es ist soweit! Endlich klappt es und wir treffen uns zum ersten Mal. Ich fliege für 3 Tage nach Thessaloniki. Vielen haben sich gefragt, warum nur so kurz? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Wer weiß, ob wir uns trotz fünf-jährigen intensiven Schreibens auch noch so gut verstehen, wenn wir uns gegenüberstehen. Die Angst, so kam später heraus, hatten wir beide, je näher der Besuch rückte. Was wenn wir nur stumm da sitzen und uns nichts zu sagen haben? Was wenn eine Person anders ist, als man sie sich vorgestellt hat? Dann wäre es für mich merkwürdig bei Eva und ihrer Familie drei Tage zu wohnen und Eva hätte mich drei Tage an der Backe.
Zum Glück haben sich unsere Ängste direkt beim ersten Aufeinandertreffen am Flughafen in Luft aufgelöst. Es hat direkt “Klick” gemacht. Auch ihre Mama und ihre jüngere Schwester, mit denen sie mich am Flughafen abgeholt hat, haben sich sehr über meine Ankunft gefreut. Denn auch sie haben mich über die Jahre hinweg durch unsere unzähligen Chats kennengelernt und ich habe viel über sie erfahren. Evas Oma, die ich dieses Mal leider nicht persönlich kennengelernt habe, hat für mich sogar einen Kuchen gebacken 🙂
Eva und ihr Freundinnen stellen mir ihre Stadt vor
Am ersten Tag haben Eva und ihre Freundin Myrto mich mit Nea Paralia bekannt gemacht, der neuen Uferpromenade von Thessaloniki. Ganze neun Stunden waren wir an diesem Tag unterwegs, der Großteil davon zu Fuß. Dabei haben sie mir viel über die Stadt und die Menschen erzählt sowie versucht mir etwas Griechisch beizubringen. Entlang des Weges habe ich zahlreiche Bilder von der Stadt gemacht und auch einige tolle Selfies sind an diesem Tag entstanden.

Katharina mit Eva und Myrto.
Natürlich haben wir auch typisch griechisches Essen geschlemmt. So gab es zum Frühstück beispielsweise Bougatsa (Blätterteig mit Grießpudding gefüllt) und zum Mittag Gyrospita. Am Abend gab es wie bereits die Nacht zuvor Tiropita (Blätterteig mit Feta gefüllt). Ich liebe griechisches Essen!

Frühstück auf Griechisch
Mein 30. Geburtstag – Überraschung auf Griechisch
Bereits am Morgen hing ein Geburtstags-Ballon von Evas Schwester Mika an der Tür. Die erste tolle Überraschung. Da ich natürlich kein Griechisch verstehe, okay so ein paar Worte kann ich schon, konnte Eva mit ihren beiden Freundinnen Stella und Georgia ganz leicht meinen Geburtstag planen. Ich wusste, dass wir uns am Abend mit den beiden in einem Restaurant treffen wollten, um dort etwas zu trinken. Georgia und Stella sind zwei der Freundinnen, die ich in den letzten Jahren über Eva mit kennengelernt habe.

Mit Georgia, Stella und Eva im Restaurant
Als die Kellnerin unsere Bestellung aufnahm, haben sie mit ihr irgendwas geredet und mir dann nur kurz erklärt, das ein Freund von ihnen hier arbeite und sie die Kellnerin gefragt haben ob er heute Abend arbeitet. Später meinten Eva und Stella dann, sie würden dem Freund mal kurz Hallo sagen und ich blieb mit Georgia zurück und vertiefte mich mit ihr in ein Gespräch. Wenige Minuten später tauchten Eva und Stella Happy Birthday singend von der Seite mit einer Torte auf und auch Georgia fing direkt mit an zu singen. Ich war total überrascht und habe mich natürlich riesig gefreut. Danach haben sie mir noch auf griechisch ein Ständchen gesungen und ich habe mich hinterher geärgert, dass ich es nicht aufgenommen habe.

Meine Geburtstagsüberraschung
Aller Abschied fällt schwer
Tag drei kam schneller als uns lieb war und schon bald hieß es wieder Abschied nehmen. Die Freundschaften die sich in den letzten Jahren online entwickelt hatten, haben sich durch unser erstes echtes Treffen nur noch vertieft. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass der Abschied sehr tränenreich war. Noch am Flughafen haben wir uns gesagt, dass wir uns ganz bald wieder treffen müssen, entweder in Thessaloniki oder auch in Deutschland. Dann kann ich Eva meine Heimat vorstellen.
Ich habe online schon viele Freundschaften geschlossen und nicht mit allen hat es dann auch im realen Leben geklappt. Dann ist der Kontakt, auch online, nach dem ersten oder zweiten Treffen immer weniger geworden und irgendwann ganz zum stillstand gekommen. Mit Eva ist dies zum Glück nicht der Fall! Zwar gibt es auch mal Tage oder ein paar Wochen wo wir kaum schreiben, einfach, weil wir zu beschäftigt sind oder gestresst von der Arbeit/Uni, doch dann machen wir einfach dort weiter, wo wir zuvor aufgehört haben.
“Die besten Freunde sind nicht die, die du jeden Tag siehst oder mit denen du täglich schreibst, sondern die, die du in deinem Herzen hast.”
So geht es mir mit einigen Freundschaften. Vielleicht melde ich mich nicht ständig, vor allem mit E-Mails schreiben bin ich ganz schlecht, doch das bedeutet nicht, dass ich nicht ständig an meine Freunde denke oder von ihnen erzähle.
Internationale Freundschaften: Vor- und Nachteile!
Internationale Freundschaften sind für mich relativ synonym mit online Freundschaften. Einige Freunde habe ich zuerst persönlich kennengelernt und halte mit ihnen online Kontakt. Andere Freunde habe ich erst online kennengelernt und sie erst später persönlich getroffen. Beide Arten von Freundschaften wirken sich jedoch auch direkt auf mein Fernweh und mein Reiseverhalten aus. Während ich die einen auf Reisen kennengelernt habe, lerne ich die anderen besser kennen, indem ich zu ihnen reise. Dadurch lerne ich dann ihr Land, ihre Heimatstadt und die Menschen in ihrer Umgebung von einer Seite kennen, die normalen Touristen oft verborgen bleibt. In Evas Fall habe ich so die griechische Gastfreundschaft und Herzlichkeit in einem sehr persönlichem Umfeld kennengelernt. Jenes sind vor allem Vorteile. Doch wie sieht es mit Nachteilen von internationalen Freundschaften aus?
Zum einen haben internationale Freundschaften natürlich den Nachteil, dass man sich nicht so oft treffen kann, wie man vielleicht möchte. So ganz spontan klappt das mit dem Treffen dann auch nicht immer. Nicht nur mit Eva war der Besuch jahrelang in Planung, auch mit Zsófia, meiner ungarischen Freundin hat es erst nach 3 Jahren geklappt, dass wir uns wiedersehen. Dafür kann es ganz verschiedene Gründe geben, zum Beispiel berufliche oder finanzielle Gründe.
Auch zeitliche Gründe sind oft ein Problem. So habe ich im Jahr nur 25 Urlaubstage, aber internationale Freunde in mehreren Ländern. Allein in den USA sind meine Freunde von der Ost- bis zur Westküste verstreut und man möchte bei seinem Besuch ja auch etwas mehr Zeit mit seinen Freunden verbringen. Dazu kommen noch die Freunde sowie Familie in Deutschland, die man vielleicht auch mal wieder besuchen möchte. Bei mir konzentrieren sich diese vor allem auf Leipzig, Magdeburg und Blankenburg (Harz).
Fazit zum Thema internationale Freundschaften
Internationale Freundschaften bereichern das Leben ebenso wie Freunde, die man ständig um sich hat. Sie haben jedoch den Vorteil, das man gerade als Fernweh geplagter Mensch zahlreiche Möglichkeiten zum reisen hat sowie seinen eigenen persönlichen Reiseleiter. Zum einen kann man viel besser in die Kultur, Mentalität und Geschehnisse der bereisten Orte eintauchen, weil man sie aus Sicht der Einheimischen zu sehen bekommt. Zum anderen kann man seine Sprachkenntnisse direkt aufbessern oder vertiefen.
Wenn es sich bei den internationalen Freundschaften jedoch um Freunde handelt, die man vorerst nur online kennt, kann das manchmal beim ersten richtigen Treffen zur Ernüchterung führen, weil die Person vielleicht doch ganz anders ist, als man sie sich vorgestellt hat. Aber auch die eigene Sicherheit ist ein Punkt, mit dem nicht leichtfertig umgegangen werden sollte. Denn kennt man jemanden nur online, weiß man nie 100{e8c9f0c0a5cb917c097569176e02686638494129e9b608d283094494b02bbf9f}, wir sich wirklich hinter dem Bildschirm verbirgt. Es sollten also immer gewisse Vorsichtmaßnahmen getroffen werden, bevor man sich zu einem Treffen entschließt. Dies gilt übrigens allgemein für online Bekanntschaften.
Update:
Noch vor unserem ersten Treffen hatte Eva mich gebeten ihr einige Deutsche Süßigkeiten mitzubringen. Sie hat einen eigenen YouTube Kanal auf dem sie normalerweise über Make-Up redet. Jetzt sollte ein Video her wo sie typisch deutsche Süßigkeiten probiert. Es sollten eigentlich nur ein paar Proben sein, doch dann ist die Sache meinerseits etwas eskaliert *hust hust* 🙂
Mittlerweile sind zwei Wochen nach unserem Besuch vergangen und Eva hat das Video fertiggestellt und auf ihrem YouTube Kanal veröffentlicht. Das Video ist zwar auf Griechisch, ihr könnt Eva und ihrer Schwester jedoch ansehen, was sie mögen und was nicht. Zudem haben sie die Süßigkeiten jeweils mit 0 bis 10 Punkten bewertet. Die Bewertungen werden immer eingeblendet.
Leave a Reply