Wir leben in einer Welt, die mit ihrer unglaublichen Komplexität eine große Faszination auf mich ausübt. Eine Welt, die voller einzigartiger Kulturen steckt, die nur darauf warten entdeckt zu werden. Dazu muss man reisen, denn nur wenn man fremde Kulturen hautnah erlebt, kann man ein tatsächliches Verständnis für sie bekommen. Den Drang zu reisen, um genau dies zu tun, nennt man Fernweh, eine Sucht, ist man ihr erst einmal erlegen, von der man nie wieder loskommt. Doch was genau bedeutet nun eigentlich Kultur für mich?
Was verstehe ich unter Kultur?
Der Begriff Kultur hat zahlreiche Definitionen. Jeder scheint irgendwie etwas anderes darunter zu verstehen, sodass sich die Frage nach einer konkreten Definition nur schwer bis gar nicht beantworten lässt. Das kann entweder sehr frustrierend sein oder aber der perfekte Anlass um eine Meinungsumfrage zu starten. Genau das hat Tanja Praske jetzt getan, denn auch sie hat festgestellt, dass der Begriff Kultur ziemlich facettenreich ist, und wollte herausfinden, was ihre Mitmenschen alles mit dem Begriff in Verbindung setzten.
“Kultur ist für mich…”
… wie ein Cocktail, eine Mischung aus mehreren Zutaten, die zusammengefügt ein einzigartiges Gesamtwerk ergeben. Dabei ist die Cocktail-Karte sehr mannigfaltig – die Auswahl ist riesengroß und am liebsten möchte man so viele Cocktails wie nur möglich in seinem Leben probiert haben. Dabei kann es dann auch vorkommen, dass einem manche Cocktails besser gefallen, aber auch manche Zutaten klingen interessanter als andere.
Kultur ist für mich also ein Oberbegriff, der zahlreiche Aspekte des menschlichen Daseins umfasst. Dazu gehören vor allem Kunst, Geschichte, Sprache, Ernährung, Kleidung, Architektur, Religion, Lebensweisen, Konzepte von Raum, Zeit und Familie sowie Traditionen und Bräuche. Es sind genau diese Aspekte, die mich schon immer an fremden Kulturen interessiert haben, von klein auf, denn ich bin von Natur aus ein äußerst neugieriger Mensch.
Ein Land, was mich in meiner Jugend besonders interessiert hat, waren die Vereinigten Staaten von Amerika. Ich wollte unbedingt die amerikanische Kultur hautnah erleben, die man in Filmen und Serien praktisch ständig vorgesetzt bekommt. Viele meiner Freunde und Familie sagen, die USA haben keine Kultur, doch ich bin da anderer Meinung. Nicht umsonst werden die USA als Schmelztiegel bezeichnet, oder wie ich sagen würde, ein Cocktail, der aus vielen verschiedenen Cocktails zusammengemischt wurde. Dabei ist es jedem selbst überlassen, ob ihm das Endprodukt gefällt oder nicht.
Nach dem Abitur in die USA
Nach dem Abitur sollte mein Traum endlich Wirklichkeit werden, als ich mich in Richtung Kalifornien aufmachte, um dort ein Jahr als Aupair zu verbringen. Schon beim ersten Telefonat mit meiner Gastfamilie habe ich herausgefunden, dass meine zukünftige Nachbarschaft sehr bunt gemischt ist, was für mich ein weiterer Pluspunkt war. Bereits eine Woche nachdem ich mein Abiturzeugnis erhalten hatte, fing mein Abenteuer USA an.
Die ersten drei Tage haben wir in New Jersey verbracht, wo wir auf unser Leben in den USA noch einmal richtig vorbereitet wurden, bevor es weiter zu den Gastfamilien ging. Während wir im Hotel noch in “Länder-Grüppchen” unterwegs waren, sah das am Flughafen auf einmal ganz anders aus. Wir waren eine bunt gemischte Gruppe aus jungen Mädchen aus Deutschland, Brasilien, Chile, Peru, Mexiko, Russland und Schweden.
Über das Jahr hinweg habe ich noch viele weitere Bekanntschaften gemacht, mit Leuten aus aller Herren Länder. Mein Freundeskreis umfasste schon bald Leute aus Brasilien, Tschechien, Indonesien, Philippinen, Mexiko, Türkei, Schweden, Südafrika, Indien, Chile, Neuseeland und Japan. Bei regelmäßigen Treffen hat man sich nicht selten über seine Kultur ausgetauscht, sodass wir auf diese Weise Unterschiede und Gemeinsamkeiten festgestellt haben. Das war unglaublich faszinierend.
Um das AuPair-Jahr erfolgreich abzuschließen, muss man auch eine bestimmte Anzahl an College-Kursen belegen. Das kam mir ganz recht, denn ich hatte noch keinen Schimmer, wie es nach dem Jahr in den USA weitergehen sollte. Studium oder Beruf? Und vor allem, was?
“Man kann Kulturen studieren.”
Die Idee war mir bis dato noch überhaupt nicht gekommen, aber ich war total begeistert. Am Diablo Valley College belegte ich ein Seminar in Kulturanthropologie, welches ich mit großem Eifer neben meiner 40-Stunden-Woche als Aupair besuchte und erfolgreich beendete. Neben wöchentlichen Hausaufgaben und einigen Tests sollten wir zudem ein größeres Projekt bearbeiten. Wir sollten eine Ethnografie verfassen, eine Darstellung über eine andere Kultur. Da kam es sehr gelegen, dass meine Banknachbarin aus Ägypten kam, also fragten wir uns nach Erarbeitung eines Fragenkataloges gegenseitig über unsere Kulturen aus. Dabei habe ich einiges über die moderne ägyptische Kultur gelernt.
Die Entscheidung dieses Seminar zu belegen war eine der besten Entscheidungen meines Lebens, denn es hat meinen Horizont um ein vielfaches erweitert und meine Neugier auf die Welt nur noch weiter entfacht. Fortan stand für mich fest, ich wollte fremde Kulturen studieren und habe mich somit auf die Suche nach einem geeigneten Studiengang in Deutschland gemacht.
Mein Fazit zur amerikanischen Kultur
Die USA setzen sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Kulturen zusammen, die sie zudem machen, was sie heute ist, ein Konglomerat aus unterschiedlichen Einflüssen. Je nachdem in welcher Region man sich aufhält, sind die verschiedenen kulturellen Einflüsse zwar unterschiedlich stark ausgeprägt, vielerorts treffen sie jedoch aufeinander. Sie kommen aus Mittel- und Lateinamerika, aus Asien, Afrika und Europa. Die USA sind ein Super-Cocktail!
Studium der Kulturwissenschaften
Während meines Studiums an der Otto-von-Guericke Universität in Magdeburg wurde mein Fernweh weiter verstärkt. Seminare über Indien, Malaysia, Taiwan, Wales, Schottland sowie die USA, haben meine Neugier immer wieder geschürt. Besonders gut gefallen hat mir die Projektwoche in Zethlingen, wo wir gelebt, gewohnt und gearbeitet haben wie die Langobarden, einem alten germanischen Stamm. Das war eine ganz besondere Erfahrung, die aufgrund der zeitlichen Diskrepanz heute gar nicht mehr so einfach zu machen ist.
Da diese “Zeitreisen” leider nur selten möglich sind, auch wenn es großartig wäre, längst vergangene Kulturen wie die der Minoer, Azteken, Inka, Maya, Römer oder auch Kelten hautnah zu erleben, bleiben uns heute trotzdem noch eine Vielzahl höchst faszinierender Kulturen, die nur darauf warten entdeckt zu werden.
Reisen ist die beste Medizin
Heute reise ich, wann immer es mir zeitlich und vor allem finanziell möglich ist und das ist leider nicht so oft, wie ich es gerne hätte. Dabei ist meine Bucketlist noch so lang. Es gibt noch so viele Orte, die ich noch nicht gesehen habe und so viele Menschen, die ich noch nicht kennenlernen durfte. Mich interessiert wie sie leben und die Welt sehen. Ich möchte die Welt ein bisschen mehr durch ihre Augen sehen, um meinen eigenen Horizont immer mehr zu erweitern. Meine Geschmacksknospen sehnen sich nach immer neuen Eindrücken, ebenso wie meine Augen, Ohren und Nase. Welches Verständnis haben sie von Raum und Zeit? Wie sieht das Familienleben aus? Wie wohnen sie? Welche Traditionen und Bräuche pflegen sie? Welche Art der Unterhaltung bevorzugen sie?
Fazit: Kultur ist das, was uns Menschen ausmacht – eine Reihe von Aspekten die unser Leben prägen und gestalten. Ohne Kultur, beziehungsweise ohne die vielen verschiedenen Kulturen dieser Welt, würden wir nur ein graues, langweiliges und vor allem monotones Dasein führen. Durch die Existenz verschiedenster Kulturen ist die Welt jedoch bunt, facettenreich, aufregend und unwahrscheinlich interessant, ebenso wie ein guter Cocktail.
Blogparade: "Kultur ist für mich ..." - Aufruf #KultDef
[…] „Kultur ist für mich … wie ein Cocktail“ (30.6.15) // […]
Tanja Praske
Liebe Katharina,
vielen herzlichen Dank für deinen Kultur-Cocktail – sehr treffend!
Ich fühlte mich wieder in die Vergangenheit zurückversetzt, auch ich war ein Jahr in den USA, in Montgomery, Alabama, allerdings direkt nach der 10. Klasse und somit zwischen Realschule und Gymnasion. Ja, das Vorurteil “Die Amerikaner haben keine Kultur” begegnete mir auch. Klar, haben sie eine Kultur, die nur anders ist als unsere abendländische bzw. europäische. Und hier ist die Frage, ob uns das gefällt. Rein von der Persönlichkeitsentwicklung sage ich, genial war das Jahr, ich ging zur Highschool. Gut. Mit den Schülern konnte ich da nun rein gar nichts anfange, ich schminke mich weder im Unterricht, noch lege ich mich währenddessen zum Schlafen. Ist bei anderen vorgekommen, jedoch nicht die Regel.
Das selbständige Erkunden der anderen Kultur und das damit Klarkommen waren für mich wesentlich und prägten mich danach, auch wenn ich mit den Gymnasiasten in Deutschland auch nichts anfangen konnte. In dem Alter ein Altersunterschied von zwei bis drei Jahren zu verkraften, ist doch zu heftig. Ich genoss den Aufenthalt in der Gastfamilie, sehnte mich jedoch nach der europäischen Kultur, vor allem der französischen. Kein Wunder, dass mir New Orleans am besten gefiel!
Hach, nochmals vielen Dank für Beitrag Nr. 60 zur Blogparade. Aktuell sind es 70 Posts, deshalb hinke ich mit dem Kommentieren noch hinterher.
Herzlich,
Tanja
P.S.: Dein Blog-Theme ist wunderbar – kommt mir bekannt vor! 🙂
sos-katharina
Hallo Tanja,
danke für den tollen Kommentar. Freut mich, dass dir mein Beitrag zu deiner Blogparade so gut gefallen hat und dass du dich damit identifizieren konntest. Ein High School Jahr in den USA wollte ich auch absolvieren, das hat aber leider damals nicht geklappt, dafür dann aber das AuPair Jahr. Ich glaube, dass war auch gut so, denn sonst hätte ich niemals so viele internationale Freundschaften geschlossen und ich hätte auch nicht diese berufliche Laufbahn gewählt. Wer weiß, wo ich ohne dieses Jahr in den USA jetzt wäre.
Danke nochmals für das tolle Blogparaden-Thema. Ich habe mich da als Kulturwissenschaftler sehr angesprochen gefühlt und musste einfach mitmachen!
Beste Grüße,
Katharina
Somaya
Liebe Katharina,
vielen Dank für diese tolle Definiton von Kultur im Rahmen der Blogparade #KultDef. Eine wirklich schöne Vorstellung, sich die Zutaten wie bei einem Cocktail selbst zusammenzustellen, sich auszuprobieren und damit auch die Geschmacksnerven mit immer neuen Geschmäckern zu reizen. Die verschiedenen Geschmacksrichtungen kann man natürlich am besten durch Reisen ausprobieren oder man heiratet in eine komplett andere Kultur ein, wie ich das getan habe und merkt sehr schnell: die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen einer anderen Kultur bereichern die eigenen Sinneswahrnehmungen enorm und man möchte ständig eine neue aufregende Mischung ausprobieren. Deine Cocktail-Metapher werde ich jedenfalls so schnell nicht mehr vergessen – grandioses Bild. Lieber Gruß, Somaya
sos-katharina
Liebe Somaya,
vielen Dank für deinen Kommentar. Es freut mich sehr, dass dir mein Beitrag so sehr gefallen hat. Den Vergleich mit dem Cocktail fand ich einfach sehr passend. Ich habe wie beschrieben in den USA ein Jahr mit einer Familie gelebt, meine Gastmutter hatte deutsche, schwedische und irische Wurzeln, mein Gastvater hatte unter anderem afghanische Wurzeln. Ganz typisch amerikanisch waren zwei meiner drei Gastkinder Pfadfinder. Ich habe somit jede Menge unterschiedlicher Eindrücke erlebt und Erfahrungen gemacht – also viele verschiedene Zutaten ausprobiert 😉
Viele Grüße, Katharina
Was ist Kultur? Versuche einer Definition #KultDef 3
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