Warum reisen wir eigentlich so gern? Was zieht uns immer wieder hinaus in die Fremde, raus aus der Komfort-Zone und hinein in Ecken und Gegenden dieses Planeten, die doch eigentlich so gar nicht zu unserem Alltag passen? Was ist wirklich dran am Reisen und warum bekommen wir Fernweh, wenn wir es nicht tun? Wir beantworten die Frage: Was bedeutdet reisen?
Warum wollen alle reisen?
Heute stellen wir uns mal einer Frage, mit der wir zwar ständig zu tun haben, aber noch nie so richtig beantworten konnten. Den Anstoß dazu gibt Christian im Rahmen seiner Blogparade “Was bedeutet reisen für dich?”
Ich habe mir Gedanken gemacht. Das Problem mit dem Fernweh war der ausschlaggebende Punkt für diesen Blog. Fernweh und wie man damit klar kommt. Aber ein Thema haben wir irgendwie immer außen vor gelassen:
“Warum reisen wir überhaupt?”
Woher kommt das eigentlich? Dieser Drang zu reisen. Klar, bei jedem ist diesen Verlangen unterschiedlich ausgeprägt. Ich habe sogar von menschlichen Exemplaren gehört, dass sie überhaupt nicht gerne reisen und es zuhause eh am schönsten finden. Verrückt. Aber jeder ist eben anders. (Vielleicht ist das aber nur ein böses Gerücht. Wie kann man denn nicht gerne reisen??)
Meine Reise-Kindheitserinnerungen
Ich bin schon als Kind gerne unterwegs gewesen. Als Gerade-noch-so-87er-Ossi-Kind bin ich mit meiner Familie im Sommer in die Slowakei gefahren, damals hieß das noch Tschechoslowakei. In der Form gibts das Land heute nicht mal mehr. Vielleicht fühlt man sich deshalb so verbunden, mein Geburtsland DDR gibts ja auch nicht mehr. Aber ich erinnere mich noch an die Sommerurlaube. An kleine Pizzen von einem Kiosk auf denen ulkigerweise immer ein riesen Berg Ketchup drauf war und ich erinnere mich an Lagerfeuer, an Schwimmbäder und Frühstück auf der Holzterrasse mit viel Weißbrot.
Ich liebte Klassenfahrten und das Ferienlager im Sommer, in manch einem Sommer bin ich sogar zweimal ins Ferienlager gefahren. Natürlich bin ich auch oft mit der Familie gereist. Spanien, Tunesien, Türkei, Ungarn und immer wieder auch Deutschland gehörten zu unseren häufigsten Zielen. Meine erste Reise alleine durfte ich antreten als ich 15 war. Mit meiner besten Freundin ging es nach Usedom, ein kleiner Bungalow in Zinnowitz war die erste Gelegenheit, mich selbst zu versorgen. Ich fands großartig. Und ich brachte auch direkt einen schlimmen, unheilbaren Virus mit nach Hause, mit dem ich mich bis heute plage: Fernweh!
Nach der Schule – die große Reisewut
Nach dem Abitur gab es für mich kein halten mehr. Ich absolvierte noch fix ein Praktikum für Medienkommunikation und dann begann mein erstes großes Abenteuer: mein Jakobsweg. 16 Tage allein in Nordspanien, 330 Kilometer bis Santiago de Compostela, es war atemberaubend. Der Weg hat mir alles abverlangt aber es war eine grandiose Erfahrung. Ich kann es nur jedem empfehlen und gebe als Rat gleich mit: Tut es, aber tut es allein! Der Weg ist nur für euch.
Reisen in der Studienzeit
Man kann sich bestimmt darüber streiten, inwieweit einem ein Germanistikstudium auf das Leben vorbereitet oder gar auf den beruflichen Alltag aber für eines war mein Studium nahezu perfekt: zum Reisen. Die Freiheiten, die mir diese Jahre gaben, habe ich intensiv zum Reisen genutzt, dazu natürlich die Möglichkeit, kostenlos an der Uni Fremdsprachen zu erlernen. Bis heute konnte ich mich in Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch und sogar Ungarisch versuchen. Und wenigstens die Basics wie Bitte und Danke oder Guten Morgen habe ich in jeder Sprache behalten.
Ich hatte während des Studiums zwar nur sehr begrenzte Mittel zum Reisen aber das habe ich durch viel, viel Fleißarbeit und eine kultivierte Anspruchslosigkeit wieder ausgeglichen. Durch die Erfahrungen auf dem Jakobsweg hat es mir nichts ausgemacht, auch mal mit 40 Leuten einen Schlafraum zu teilen und ich habe zu jeder Zeit immer einen Nebenjob gehabt, um mir Flugtickets leisten zu können. Ich weiß nicht mehr genau, wo ich überall war, aber immer wieder Spanien, weil ich die Sprache so schön finde. Portugal, Italien, Österreich, Gibraltar und auch viele Ecken in Deutschland sind mir in Erinnerung geblieben. Ein absolutes Highlight waren auch die Monate während meines Auslandspraktikums im Goethe-Institut in Budapest. Die ungarische Sprache ist der Wahnsinn, doch trotz eines Sprachkurses vor Ort sind mir leider nur noch ein paar Trinksprüche geblieben.
“Von mir es aus hätte es ewig so weitergehen können.”
Meine Reiselust erreichte einen Höhepunkt und ich hätte ewig weitermachen können. Allerdings gab es zwei Dinge, die mir einen Strich durch die Rechnung machen sollten. Zunächst einmal neigte sich mein Studium dem Ende, ich wusste also, dass es eben nicht ewig so weitergehen konnte. Doch bevor ich mich ins Berufsleben mit ein paar lächerlichen Urlaubstagen im Jahr stürzen sollte, würde ich noch einmal das Fernweh-Monster befriedigien. Und dieses Mal so richtig!
Indien – so nah und doch so fern
Mein Freund und ich hatten das Studium beinahe hinter uns. Im Anschluss daran wollten wir für eine längere Rucksackreise durch Indien ziehen. Fünf Wochen hatten wir geplant, die Flüge bereits rausgesucht, die Reisekasse schon gefüllt. Aber das Universum hatte andere Pläne mit uns.
Zwei kleine blaue Striche auf einem Stück Plastik verrieten uns, dass jetzt alles ganz anders werden sollte. Und schon wenige Monate später wurde daraus ein kleines zappelndes Wesen in rosa. Es war Liebe auf den ersten Blick und wir freuten uns riesig darauf, unserer Prinzessin ein Kinderzimmer herzurichten. So wurde aus unserer Reisekasse eine Babykasse.
“Es war Liebe auf den ersten Blick!”
Danach ging alles so unfassbar schnell. Das Studium musste trotz Stillkind beendet werden, aus zwei Einraumwohnungen wurde eine große Vierraumwohnung, dann überrollten uns bereits die Masterarbeiten um das Studium auch abschließen zu können. Ans Reisen war vorerst nicht zu denken.
Als sich der Sturm gelegt hatte, zog es uns raus aufs Land, wir suchten nach einem kuschligen Nest für uns drei in Seenähe mit viel Natur und frischer Luft. Wir fanden unser Nest, einen Kindergarten und Arbeit.
Die Reisewelle holt uns ein – es geht wieder los
Die erste Reise zu dritt brachte uns nach Usedom, später an die Loreley am Rhein. Dazwischen aber gab es viele, viele Ausflüge ins Umland und Sachsen hat wirklich einige großartige Sehenswürdigkeiten zu bieten. Das war mir früher nie so aufgefallen.
Als unsere Kleine dann schon gar nicht mehr so klein war, klopfte das Fernweh-Monster wieder etwas energischer an die Tür. Für zwei Wochen ging es in den nördlichsten Norden von Dänemark. Seit diesen Tagen im vergangenen Sommer ist er wieder da, der Virus Fernweh. Und er hat alle infiziert. Selbst unsere Dreijährige fragt regelmäßig, wann wir wieder losreisen. Gesagt, getan, denn für dieses Jahr planen wir eine große Skandinavische Rundreise. Die Reisekasse wird schon ordentlich gefüllt. Hoffentlich kommt diesmal nicht wieder etwas dazwischen.
Wobei… zu viert reisen soll ja auch ganz schön sein . . . 😀
Zusammenfassung: Warum reisen?
1. Beim Reisen können wir so sein, wie wir wirklich sind. Der Alltag schnürt uns permanent ein. Ob im Büro, bei Familienfesten, bei Ämtern und Behörden – wir benehmen uns immer so, wie es von uns erwartet wird. Das Ich, dass da irgendwo noch in uns schlummert, kümmert langsam vor sich hin. Reisen ist wichtig, denn beim Reisen können wir so sein, wie wir wirklich sind.
2. Da war doch was mit diesem Tellerrand. Genau. Beim Reisen können wir mal darüber hinausschauen und unseren Horizont erweitern. Es gibt so viele Dinge zu entdecken, auf die man im Traum nicht gekommen wäre.
3. Man wächst über sich hinaus. Ganz recht, denn beim Reisen kommt man gezwungermaßen immer wieder in Situationen, die uns herausfordern. Doch haben wir diese erst einmal gemeistert, können wir umso stolzer auf uns sein!
4. Ohne Reisen gibts auch kein Heimweh. Gerade während der doch sehr unkomfortablen Reisen zu Studienzeiten war ich manchmal so unendlich froh, wieder bei Mami am Tisch zu sitzen, die mir mein Lieblingsessen gekocht hat und mir dann auch noch mit einem Augenzwinkern sagte, dass ich das auch im Wohnzimmer vor dem Fernseher essen kann. Hachjaa, himmlische Zeiten. Danke Mama.
5. Das Fernweh-Monster ist gefräßig. Und es wird sehr penetrant, wenn es zu lange hungern muss. Die beste Medizin gegen Fernweh ist und bleibt eben das Reisen. Also tun wir ihm doch ab und an den Gefallen und machen uns auf die Socken. Wenns natürlich gar nicht mehr geht, helfen unsere Tipps gegen Fernweh. Ganz bestimmt!
Vielen Dank für diese interessante Blogparade. Vorher hatte ich mir eigentlich nie so richtig Gedanken gemacht, woher sie eigentlich kommt, diese Reiselust und was das Reisen eigentlich für mich bedeutet. Mit diesem kleinen Ausflug in meine Reiseerinnerungen hoffe ich, einen neuen Teil zu dieser schon recht bunten Blogparade beizutragen. 🙂
Blogparade: Was bedeutet reisen für dich? - Reiseblog Travelography
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Anke
Da habt ihr sicherlich den schönsten Grund für eine aufgeschobene Reise erlebt 🙂 und wie toll, dass ihr euer Fernweh und die Neugier auf die Welt an eure Tochter weitergeben könnt! Eine Skandinavien Rundreise klingt großartig, viel Spaß dabei. Geht’s auch nach Bullerbü? Das wäre als Kind mein Traum gewesen 😉 Auch wenn es ja irgendwie nur drei roten Holzhäuser sind – ich fand den Ort immer noch magisch als ich ihn das erste Mal gesehen habe. Ich stand auf einmal auf demgedanklichen Schauplatz meiner Kinderträume 🙂
sos-janina
Hallo Anke,
ja, wahrscheinlich gibt es wirkliche keinen besseren Grund für eine aufgeschobene Reise 😀
Mal schauen, wo es uns genau hinverschlägt. Wir sind für alles offen. Hauptsache aufs Land, in die Natur und ans Meer. Dann kann der erholsame Urlaub gar nicht schiefgehen 😀
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