Nach einer einjährigen Reiseabstinenz ziehe ich Bilanz. Wie ist es mir damit ergangen? Ist die Sucht besiegt und welche Maßnahmen mussten ergriffen werden, um nicht vollends den Verstand zu verlieren? Eine Rückschau auf ein wahrlich reisefreies Jahr.
Ein Jahr ohne Reisen – Und ob ich durchgedreht bin
Ich reise gern. Diese Aussage stelle ich mal in den Raum und wage zu behaupten, dass das auch noch maßlos untertrieben ist. Ich LIEBE reisen. Es gab Phasen in meinem Leben, da hätte ich nichts anderes machen wollen, habe jede freie Minute und jeden Cent eingesetzt, nur um irgendwie noch ein bisschen mehr von diesem wunderbaren Planeten kennenzulernen.
Wie nun also komme ich dazu, freiwillig auf das Reisen zu verzichten?
Reisen oder nicht reisen, das ist hier die Frage…
Als erstes muss ich doch bezweifeln, hier aus freien Stücken gehandelt zu haben. Doch ich möchte das positiv bewerten und statt die Schuld auf veränderte Lebensumstände, Jobwechsel, höhere Ausgaben für größere Anschaffungen oder das Leben im allgemeinen zu schieben, möchte ich lieber von einem freiwillig unfreiwilligem Experiment sprechen. Eine Art Schaustück, um meine eigenen Thesen zum Thema Fernweh durch die Erhebung von Erfahrungswerten zu untermauern.
Schließlich geht es hier im Blog um Fernweh. Und wie ließe sich besser herausfinden, was tatsächlich gegen Fernweh hilft, als durch eine empirische Langzeitstudie.
Ausgangssituation: Ein Jahr keine Reise in Sicht
Zunächst einmal betrachten wir die Grundbedingungen. In diesem Fall ist das sehr einfach. Verzichte ein Jahr auf Reisen aller Art.
Und dann finde dich damit ab!
Das hat ja schon sehr gut geholfen. Statt zu wüten, zu trauern oder mich zu verkriechen, hab ich mich mit der Tatsache schlicht abgefunden UND mir gleichzeitig überlegt, was ich unternehmen könnte, falls mich das Fernweh-Monster doch noch packen möchte. Dazu habe ich unter anderem auch in unsere Anti-Fernweh-Liste des Blogs geguckt. Da stehen ja reichlich Tipps drin 😉
Tipps gegen Fernweh, die ich ausprobiert habe
Obwohl ich mich eigentlich ganz gut damit abgefunden hatte, dass in absehbarer Zeit nichts in Sachen Reisen zu holen wäre, schlich sich das heimtückische Fernweh-Monster doch ab und zu hinterrücks an. Gerade in sehr stressigen Momenten überkam es mich und es wurde schwer, dem Drang nicht nachzugeben, zum nächsten Flughafen durchzubrennen.
Aber nein, wir sind ja diszipliniert und hatten eine Mission: Der Kampf gegen das Fernweh. Es folgt eine Reihe von Tipps gegen Fernweh, die ich nun höchstpersönlich selbst erprobt habe:
Tipp 1: Mit Fotos in Erinnerungen schwelgen
Erste Anlaufstelle bei akutem Fernweh waren somit meine Fotoalben – und davon haben wir ja reichlich. Dazu kommt auch die wunderbare Fotokiste, die wir hier gebastelt haben und die immer eine tolle Quelle für schöne Reiseerinnerungen ist. Vor allem in der Anfangszeit der Reiseabstinenz hat das mit den Bildern sehr gut geklappt. Sie erinnerten mich daran, dass der letzte Urlaub noch gar nicht so lange zurücklag.
Ergebnis: Urlaubsbilder gegen Fernweh helfen bei mir nur am Anfang. Je länger das Reisen zurücklag, desto schwieriger wurde es, mich damit über Wasser zu halten. Ich brauchte endlich was Handfestes.
Tipp 2: Die Heimat aus Touristenaugen
Irgendwann, ich schätze ungefähr nach drei Monaten, da hielts mich nicht mehr. Ich musste raus, raus, raus. Jetzt. Sofort. Aber verreisen war ja nicht drin. Also was tun? Dann wurde mir klar, dass Deutschland und insbesondere meine nähere Umgebung durchaus reizvolle Ecken zu bieten hat. Also nahmen wir diverse Tagesausflüge in Angriff. Berichtet hatte ich zum Beispiel über unseren traumhaften Ausflug in die Sächsische Schweiz und auch Meißen, die Stadt an der Elbe mit der grandiosen Weinstraße, wurde wieder gerne besucht. Ebenso bietet sich auch immer wieder ein Besuch in Leipzig an. Vor allem der einzigartige Leipziger Zoo lässt schnell vergessen, dass man sich gerade eigentlich zuhause befindet.
Ergebnis: Diese Variante funktioniert bei mir außerordentlich gut. Tagesausflüge in die nähere Umgebung können durchaus den Horizont erweitern und viele beeindruckende Sehenswürdigkeiten liegen manchmal direkt vor der Nase. Wir übersehen sie nur so schnell und wissen sie oftmals gar nicht zu schätzen, gerade weil sie praktisch ständig verfügbar sind. Ich kann nur dringend empfehlen, einmal aus der Perspektive eines Touristen auf die eigene Region zu blicken. Inzwischen habe ich auch mehrere Reiseführer für Sachsen im Regal zu stehen und finde darin genau so großartige Highlights wie in den anderen.
Tipp 3: Wärme tanken
Für mich bedeuten Urlaub und Reisen in der Regel auch Wärme und Sonnenschein. Gerade dann, wenn es hierzulande mal wieder so richtig grau, kalt und ungemütlich wird, zieht es mich hinaus in den Süden. Eine tolle Alternative ist da zum Beispiel die Sauna, nicht nur gesund, sondern auch schön warm. Noch mehr begeistert hat mich jedoch das Gondwana Land des Leipziger Zoos. Lauschige 26°C, ein üppiges Grün und die exotischen Geräusche fremdartiger Vögel haben mich direkt in die Tropen katapultiert. Hier hätte ich den ganzen Tag verbringen können, ganz gleich wie laut die Elefanten und Giraffen draußen gerufen haben.
Ergebnis: Sehr wirkungsvoll. Leider kann man sich in dem riesigen Tropenhaus nicht einschließen lassen und auch so ist der Besuch eine recht kostspielige Angelegenheit.
Tipp 4: Aktiv werden
Es bringt nichts, zuhause rumzugammeln und dem nächsten Sehnsuchtsort nachzutrauern. Lass die Couch liegen und raus mit dir! Wandern im Wald, Picknick am See, die Möglichkeiten sind schier grenzenlos. Aber auch die ein oder andere kulturelle Aktivität lenkte mich hervorragend vom Fernweh ab. Nur zu nennen wären da die beeindruckende Ostereier-Ausstellung im Grassi-Museum oder die umwerfend kreative ArtNight, bei dem wir selbst den Pinsel schwingen konnten. Unvergessen bleibt auch die spontane und witzige Teilnahme am Buchmessechor zur Leipziger Buchmesse, bei der ich uch gleich etwas litauisch gelernt habe.
Ergebnis: Ob allein oder in Gesellschaft, Ablenkung ist doch die beste Medizin gegen Fernweh. Und dabei habe ich so viele tolle Sachen erlebt, die ich allesamt verpasst hätte, wäre ich zu dieser Zeit in der Weltgeschichte rumgegondelt.
Tipp 5: Reiseliebe geht durch den Magen
Dieser Tipp gehört wahrlich zu den Klassikern unter den Fernweh-Tipps. Bei akuten Fernweh-Attacken half es mir sofort, wenn ich mich wenigstens kulinarisch meinen Traumzielen nähern konnte. Quesadillas aus Mexiko, Tapas aus Spanien oder einfach mal wieder ein paar dänische Waffeln zaubern (hier gehts zum Lieblingsrezept) um mich wieder aufzuheitern.
Ergebnis: Klappt.
Tipp 6: Planung
Trotz bester Voraussetzungen und einer Wagenladung voller Tipps kam irgendwann der Moment, der mich schier durchdrehen ließ. Deutsche Kälte schon im September, kaum Sonnenschein, Regen, Wind, grau, grau, grau und das alles bis sich der Frühling vielleicht irgendwann ab April wieder blicken lassen würde. So konnte es nicht weitergehen! Das triste Wetter schlug sich erbarmungslos auf mein Gemüt nieder. Und auf meine Laune, was vor allem mein näheres Umfeld deutlich zu spüren bekam. Wie soll man schon umgehen mit dieser Furie? Doch der Herzmann wusste Rat und tat ds einzig richtige. Er brachte dem Junkie Stoff.
In Form einer Excell-Tabelle.
Darin penibel notiert die Urlaubsplanung für das neue Jahr und dazu die Zauberworte: “Überleg dir was schönes, was wir da machen können.” Jetzt ging die Sonne auf. Auch die Tatsache, dass bis zur ersten Kurzreise noch weitere drei Monate vergehen würden, konnten mich nicht erschrecken. Die alte Flamme war wieder entfacht. Doch was jetzt tun? Wo zuerst hin? Zur Verfügung stehen drei Reisezeiträume. Als erstes werden wir einen Kurztrip nach Oberbayern zu Katharina unternehmen und dabei gleichnoch ein bisschen österreichische Luft schnuppern. Auch Kathrina hatte schon mehrfach über die Schönheit ihrer neuen Wahlheimat berichtet – das müssen wir uns endlich mit eigenen Augen ansehen! Auch für die anderen Zeiträume wurden schon fleißig Pläne geschmiedet, Malta steht ganz hoch im Kurs.
Ergebnis: Allein die Möglichkeit endlich wieder planen zu können, macht dieses leidliche Fernweh absolut erträglich. Es macht auch wieder Spaß, Bilder anzugucken. Frei nach dem Motto: Die nächste Reise kommt, kann mich nichts mehr aus der Fassung bringen.
Fazit des Experiments
Einen längeren Zeitraum ohne Reisen kann man durchaus überleben. Aber ist das noch leben? In meinem Fall gilt wohl: Junkie bleibt Junkie.
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