Eine Pilgerwanderung ist aufregend, das beginnt bereits bei der "Planung Jakobsweg". Manche beschäftigen intensiv damit, sind in Gedanken schon halb auf dem Camino und teilen ihre Vorfreude mit der Familie, Freunden und Kollegen von der Arbeit. Andere sind da zurückhaltender, planen in der Stille und manche schweigen ganz und gar. Warum es tatsächlich eine Rolle spielt, wie und mit wem du vorab deine Pilgerpläne teilst, verrate ich dir in diesem Beitrag.

Von Sinnkrisen und anderen Beweggründen

Wer das Pilgertagebuch von Hape Kerkeling gelesen hat, der weiß, dass er niemandem, bzw. nur sehr, sehr wenigen Menschen von seinem Vorhaben den Camino Francés zu pilgern, erzählt hat. Die ganze Idee entwickelte sich während einer Sinnkrise, einer Lebensphase, in der sich und sein Dasein überdenken musste. In der Tat geht es vielen Pilgern so. Die Motivation liegt häufig in einer inneren Krise oder der Bewältigung davon begründet. Dies ist es auch, was viele Pilger dazu veranlasst, vorab nicht allzu viel von ihrer Wanderung zu erzählen, denn dies würde unweigerlich dazu führen, dass sie auch über ihre Beweggründe sprechen müssten und das möchte nun einmal nicht jeder.

Planung Jakobsweg: Sag ich es oder sag ich es nicht?

Tatsächlich gehen die Menschen sehr unterschiedlich damit um, wie und ob sie vorher von ihrer Pilgerreise erzählen. Allen ist gemein, dass sie diese Art der Reise als etwas Besonderes empfinden. Es ist kein üblicher Zeitvertreib, kein Urlaub oder eine gewöhnliche Reise. Doch wie sie an die Thematik herangehen, ist ganz verschieden. Die einen sind aufgekratzt, ihre Spannung ist fast greifbar. Sie stehen derart unter Strom, dass sie gar nicht anders können, als pausenlos davon zu erzählen. Aber es gibt auch diejenigen, die einen starken Kontrast dazu bilden. Sie verschweigen ihre Pläne komplett, sogar vor ihren nächsten Verwandten.

Warum lieber schweigen?

Warum aber sollte man eine Pilgerreise verschweigen? Selbst unter Nicht-Christen ist die moderne Wallfahrt zum absoluten Trend aufgestiegen. Selbstfindung, Slow-Travelling und Reisen ins innere Bewusstsein sind ein Teil des Lifestyles. Welcher Promi ist denn noch nicht auf dem Jakobsweg gelaufen? Pilgern ist in, das bestätigen auch die jährlichen Besucherzahlen. Allein im Jahr 2019 sind auf der Hauptroute des Camino Francés fast 190.000 Menschen nach Santiago de Compostela gepilgert. Heutzutage vermutet niemand mehr einen fundamentalen Gläubigen hinter einem Pilger, jeder kann es und jeder tut es. Ganz gleich, ob religiös oder nicht, Männlein oder Weiblein, alt oder jung, arm oder reich. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, die Reise zu verschweigen, oder?

Doch, die gibt es.

Wie oben bereits beschrieben, setzt für einige Pilger die Wanderung einen Verarbeitungsprozess in Gang und das wollen sie allein tun. Das schließt dann bereits die Planung mit ein. Doch es gibt auch andere Gründe. Es gibt genug Leute, die auch ohne Promi-Bücher gepilgert wären und die sich nicht gern nachsagen lassen möchten, dass sie bloß auf einer Trendwelle mitschwimmen. Wer möchte schon hören, dass er lediglich einem Hype folgt und sich dazu auch noch Diskussionen aussetzen. In den Jahren ab 2006 spricht man vom Hape-Kerkeling-Effekt, denn nach seiner Buchveröffentlichung gab es einen gewaltigen Ansturm von deutschsprachigen Pilgern auf dem Camino.

Der etwas andere Pilgerratgeber

Neben all den aufregenden und bekannten Fakten rund um das Thema Jakobsweg gibt es auch genau jene Wahrheiten, die dir sicher noch keiner verraten hat. All die Dinge, die in keinem der üblichen Reiseführer  zu finden sind. Was hat es mit den letzten fünf Kilometern auf sich? Warum hängen in Restaurants Bilder von Socken? Was sind Bikegrinos und wieso ist Santiago de Compostela gar nicht das Ziel der Reise?

Finde es jetzt heraus!

Ich habe es nicht erzählt

Meine Pilgerwanderung fand auch in den Hape-Jahren statt und ich kannte das Buch. Es steht noch heute in meinem Bücherregal und ich lese es immer noch gerne. Doch so sehr ich das Buch und den Autor mag, sie hatten nichts mit meiner Pilgerreise zu tun. Ich hatte auch nichts zu verarbeiten und steckte in keiner Sinnkrise. Und dennoch, ich habe geschwiegen. Von meiner Pilgerreise wusste nur meine Mutter. Schließlich wäre es ihr aufgefallen, wenn ich tagelang nicht nach Hause gekommen wäre und sowas muss man seinen Eltern nun wirklich nicht antun.

Ich habe es dem Rest meiner Familie nicht erzählt, auch nicht meinen Freunden und nicht einmal meiner besten Freundin. Der Grund dafür war meine Eitelkeit. Das weiß ich heute. Der Entschluss zu pilgern, überkam mich von jetzt auf gleich. Ich musste nicht wochenlang darüber grübeln, ob ich das machen möchte oder nicht, ich wollte es sofort. Ich habe nicht gezögert, die Flüge zu buchen und mir meinen Pilgerpass zu besorgen. Doch gleichzeitig war mir absolut bewusst, dass ich komplett unvorbereitet und wahrscheinlich auch total ungeeignet für so einen Trip war.

Ich besaß keine richtige Ausrüstung, keine ordentliche Wanderkleidung, keine Wanderschuhe und null Erfahrung. Ich war kein bisschen trainiert. Ich habe kein Wort Spanisch gesprochen und mit meinem Schulenglisch würde ich wahrscheinlich auch nicht weit kommen. Was da alles auf mich zukommt, was eine Pilgerreise kostet und wie ich mich als Frau auf dem Jakobsweg fühlen würde, davon hatte ich keine Ahnung. Die Chancen standen also gut, dass ich nach drei Tagen auf dem Camino fix und fertig scheitere und die Reise abbrechen muss - und dafür hätte ich mich in Grund und Boden geschämt. Jedenfalls dann, wenn ich im Vorfeld großspurig angekündigt hätte, was ich da vorhabe. Also behielt ich es für mich. Meiner Mutter nahm ich das Versprechen ab, dass sie es erst dem Rest der Familie erzählt, wenn ich schon lange unterwegs bin. Sie hielt sich dran, zumindest bis nach dem Start des Fliegers.

Lass dich nicht beeinflussen

Wenn ich heute gefragt werde, ob ich es wieder geheim halten würde, dann müsste ich wahrscheinlich mit Ja antworten, doch die Beweggründe haben sich geändert. Heute wäre es mir nicht mehr peinlich, wenn ich abbrechen müsste. Ich kenne meine körperlichen Grenzen und könnte selbstbewusst damit umgehen, wenn es eben nicht mehr so klappt, wie ich es mir vorstelle. Inzwischen weiß ich, was mich dort erwartet und ich erzähle dir gerne 10 Dinge über den Jakobsweg, die dir keiner sagt.

Heute hätte ich eher Angst, dass man es mir ausreden könnte. Dass es so viele gute und schlechte Begründungen gäbe, die ich mir nochmal durch den Kopf gehen lassen sollte und das allein könnte eine Pilgerreise schon im Vorfeld zum Scheitern verurteilen. Also würde ich mich bei Gesprächen am Mittagstisch eher zurückhalten. Meinen Liebsten aber würde ich schon davon erzählen, die kennen mich und haben mich immer noch lieb, wenn ich laut fluchend zurückkehre und selbst nicht mehr nachvollziehen kann, warum ich mir diesen Weg noch einmal antun wollte.

Es geht auch ganz anders

Dass es auch komplett anders geht, hat mich eine Freundin gelehrt. Sie ist an ihre Planung und Einstellung zur Pilgerwanderung absolut anders, um nicht zu sagen offensiv herangegangen. Mit voller Absicht hat sie jedem den sie kennt von ihrer Reise erzählt. Fasziniert und neugierig schaute ich mir ihre Art und Weise an und hakte dann nach. Ihre Erklärung erstaunte mich umso mehr. Sie erzählte es jedem, damit sie eben nicht mehr abbrechen kann. Je mehr Leute davon erfahren, desto höher wäre der Druck, es auch wirklich durchziehen zu müssen. Sie erklärte mir, dass sie es nicht so machen könnte, wie ich es getan hatte. Würde sie niemandem davon erzählen, wäre es viel zu einfach aufzugeben, sobald es mal schwieriger wird. So aber überlegt sie es sich zwei oder dreimal, bevor sie in das kuschelige Flugzeug zurück in die Heimat steigt.

Bei genauer Betrachtung hatten wir beide das gleiche Motiv: stupide Eitelkeit. Keine von uns wollte sich die Blöße geben, zu scheitern. Nur die Art, wie wir damit umgegangen sind, war grundverschieden. Während ich mir die Option des Scheiterns offenhalten wollte, hat sie sich diese von vornherein versagt.

Und du? Wie ist es bei dir? Erzählst du von deinen Pilgerwanderungen oder bleibt es bis zum Abflug dein kleines Geheimnis? Erzähl mir von deinen Erfahrungen.

Mit Jeans und Traubenzucker - 300 Kilometer auf dem Jakobsweg

Ein spannendes und gleichsam amüsantes Pilgertagebuch von einer, die so gar keine Ahnung hatte. Was braucht es wirklich, um auf dem Jakobsweg zu pilgern - und das Ziel auch tatsächlich zu erreichen.

Und du? Wie ist es bei dir? Erzählst du von deinen Pilgerwanderungen oder bleibt es bis zum Abflug dein kleines Geheimnis? Erzähl mir von deinen Erfahrungen.